Frauen, die schaukeln
Ab dem 1. September 2021!
Erhältlich bei Deinem lokalen Buchhändler, direkt beim Schünemann Verlag oder einfach eine Nachricht an mich schreiben.
Vorwärtseuphorie, bis einer landet. Rückwärtsbeiläufigkeit, bis die Fußspitzen wieder wie Pfeile Richtung Himmel zeigen. Auf und ab. Rauf und runter. Hin und her. Oben und unten. Staubige Sommernachmittage, unbeschwertes Bauchkribbeln, die Abenteuerlust im Kleinen. Die Schaukel ist ein Symbol für Kindheitserinnerungen, sie steht für Sorglosigkeit, Übermut, Fröhlichkeit und Dynamik. Und für das Leben an sich, mit all seinen Höhen und Tiefen.
Die gezeigten 68 Fotos sind nur ein kleiner Teil meiner Sammlung von historischen Amateurfotografien, privaten Schnappschüssen und Familienaufnahmen. Gesucht und gefunden auf den Flohmärkten dieser Welt. „Frauen, die schaukeln“ ist genau genommen eine Sammlung innerhalb einer Sammlung. Ein Ergebnis aus fast zwei Jahrzehnten des Zusammentragens, meiner Schwäche für alles Zurückgelassene und der Neugier auf die Geschichten dahinter. Beim Stöbern in Kisten und Koffern und beim Durchblättern alter Fotoalben rutschen die verblassten Erinnerungen von den Seiten. Der zerbröckelte, rissige Kleber hält unsere Geschichte und die von den Fremden nicht mehr fest. Es gibt keine Gewissheit darüber, wer die Leute sind, wo und wie die Fotos aufgenommen wurden, was die Personen vor und hinter der Kamera gedacht und empfunden haben, mit welcher Intention der bzw. die Fotografierende genau dieses Motiv gewählt hat. Die Wahrheit ist wie ein Pergamentblatt, das die Schwarz-Weiß-Fotos bedeckt. Milchig und verschwommen, dies schafft Raum für individuelle Interpretationen.
„Einerseits fliege ich und denke einen Augenblick lang, es geht immer höher, immer weiter. Andererseits weiß ich: Ich bin trotz allem fest auf der Erde und werde gehalten.“
Ute Protte, Schaukelsammlerin (1934–2019)
Das erste Schaukelfoto einer Frau fand ich an einem kalten Novembermorgen auf dem Flohmarkt in Bremen Hastedt, auf dem überdachten Parkdeck eines Einkaufcenters, die Winterausgabe des großen Trödelmarktes auf der Bürgerweide hinter dem Bahnhof. Charme und Flair sucht man hier zwischen Beton und Stahlträgern vergebens. Dem Sammlerherz ist das egal. Den schon recht klammen Fingern auch. Mit Handschuhen lassen sich Fotos schlecht durchschauen. Dann der Glücksfund. Wie alle darauffolgenden Bilder der Serie.
Das Faszinierende an der Schaukel für mich ist generell, dass es ein Gerät ist, das von selbst angetrieben werden muss. Auf Nichtbewegung folgt Stillstand. Aktivität ist Voraussetzung für Bewegung, dabei hat man die Stärke des Schwungs selbst in der Hand. Jede herbeigeführte Schwingung hat Auswirkung auf den Verlauf. Es ist diese Unmittelbarkeit, die mich begeistert.
Carl Schünemann Verlag 2021
Claudia Grabowski
Frauen, die schaukeln
Bilder vom Schwungholen und Freisein
156 Seiten | € 16,90 [D]
ISBN 978-3-7961-1121-1